Freitag, 2. Januar 2009

16 Überraschung

Fredag, 8.August 2008

Zum ersten Mal sprach Jens Peter, einer der Festivalorganisatoren, auf dem Gipfel des Keiservarden von einer Halbinsel, ohne dabei deren Namen zu nennen. Wir standen, warteten auf das Busshuttle ins Tal. Mit dem Arm nach Norden weisend, empfahl uns Jens Peter, diese Küste abzufahren, wenigstens bis zur Halbinsel, sie sei wunderschön.
Abfahren? Wie, ohne Auto? Ich legte es in mir ab, wie man ein Buch auf den Nachttisch ablegt, dass man irgend wann noch einmal lesen will.

Ich hatte ja keine Ahnung, wie schnell ich das Buch wieder aufnehmen sollte.
Wie nah ein Besuch auf der Halbinsel lag.
Der Name der Halbinsel ist Kjerringøy.

Es gibt Augenblicke in unserem Leben, so wunderbar, dass die Frage nach unserem Anteil daran einfach überflüssig, belanglos wird.
Und es gibt Augenblicke in unserem Leben, so wunderbar grausam, dass uns zu spät das Nachdenken darüber einfällt, worin unser Anteil daran liegt.
Der Ausflug nach Kjerringøy war solch ein wunderbarer und auch grausamer Augenblick des Lebens. Wunderbar machte ihn die Natur. Grausam machte ihn die Fähigkeit des Menschen, sich zu erinnern.
Alte und gerade vernarbte Wunden rissen auf, bis aufs Blut.
Die große Mutter Natur, wie erhaben gewährt sie Wunder und Schmerz. Wie gütig legt sie Beides in die menschliche Lebenswaage. Darauf bedacht, dass das Eine dem anderen in solchem Maß entgegensteht, dass es sich um des Lebens Willen die Waage hält. In dieser Dualität erlebte ich Kjerringøy.

Erlebte die Fahrt entlang der Küste. Erlebte die kurze Fährüberfahrt mit Abschied, Annäherung und Ankunft. Erlebte den anschmiegsamen Sand an den nackten Füßen am lichtüberfluteten, einsamen Strand. Den alltäglichen Frieden einer Bucht. Das Lied über den Booten. Den Purzelbaum der Seele ohne den ersehnten Applaus. Erlebte die Linien der lavageformten Zeugen aus Stein.
Die kindliche Freude über Form und Farben der bizarr gedrehten Schneckenhäuser und Muscheln. Legte Sie in meine Hand, damit sie mir sagen sollten, wem ich Sie als lieben Gruß und Gedanken aus diesem Land mitbringen sollte.
Sie begleiteten mich nur kurze Zeit, es sollte anders kommen.

Keine Kommentare: